26.07.18Berlin

Der Brexit und die vier Freiheiten des Europäischen Binnenmarktes

Aller Voraussicht nach verlässt das Vereinigte Königreich (UK) die Europäische Union (EU) am 30. März 2019. Im Falle eines Austrittsabkommens folgt eine Übergangsphase bis Ende 2020. Danach strebt die EU ein Freihandelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich an. Doch die Unternehmen hierzulande müssen sich schon jetzt auf die Veränderungen des Brexit einstellen – trotz aller politischen Unklarheiten.

Mit der Vorlage des neuen Weißbuchs zum Brexit durch die britische Regierung zeichnet sich ein "weicher" Brexit ab. Die EU muss jetzt vor allem entscheiden, wie sie mit dem Vorschlag einer Freihandelszone für Waren umgeht. Denn damit würde ein sehr weitreichendes Freihandelsabkommen möglich.

Die Wirtschaft bewertet das Weißbuch als Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen. Die Zugeständnisse der Briten an die EU im Weißbuch betreffen folgende Bereiche:
 

  • Zentral ist vor allem die Zusage des UK, bei Industrie- und Agrarwaren auch weiterhin alle produktbezogenen Regeln der EU zu übernehmen (Verzicht auf Regulierungssouveränität). Das sollte umgehend vertraglich fixiert werden.

  • Zudem strebt Großbritannien einheitliche Regeln für staatliche Subventionen und einen Kooperationsrahmen gegen Wettbewerbsverzerrungen an.

  • Zusätzlich wollen sich die britischen Gerichte verpflichten, sich in den Bereichen am Richterrecht des EUGH zu orientieren, in denen Großbritannien die EU-Regeln übernimmt.

  • Trotz der avisierten Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit soll ein „Mobilitätsrahmen“ weiterhin das Reisen, Arbeiten und Studieren von EU-Bürger im Vereinigten Königreich ermöglichen.

  • Und schließlich ist London bereit, angemessene Beiträge an die EU zu zahlen, wenn gemeinsame Aktivitäten in spezifischen Bereichen (etwa in der Forschung) stattfinden.

Allerdings bleibt Vieles davon noch vage. Zum anderen betonen die Staats- und Regierungschefs der EU-27, „dass die vier Freiheiten unteilbar sind und es kein "Rosinenpicken" geben kann“.  Dabei umfassen die vier Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes den freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Danach ist es den EU-Staaten verboten, den grenzüberschreitenden Handel mit Waren zu beschränken oder ausländische Anbieter von Dienstleistungen zu behindern. Ausnahmen sind nur aus triftigen Gründen zulässig (z. B. öffentliche Ordnung u. Sicherheit, Gesundheitsschutz, nationale Kulturgüter). Zudem können EU-Bürger in jedem Mitgliedsland arbeiten oder investieren.

Diese Perspektive sieht den Binnenmarkt als unteilbar an. Demnach wäre die vorgeschlagene Freihandelszone für Waren nicht denkbar, weil sie nur auf eine der vier Freiheiten hinauslaufen würde, den freien Warenverkehr. Da die Briten mindestens zwei andere Freiheiten, die Arbeitnehmerfreizügigkeit und den freien Dienstleistungsverkehr, nicht mehr voll gewähren und nutzen wollen, sollte die EU auf den britischen Vorschlag für die Waren-Freihandelszone nicht eingehen.

(Quelle: IW Köln)

Terminhinweis: Brexit-Forum

Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) und der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) stellen in einem Praxisforum am 17. September einen Leitfaden für Betriebe zur Vorbereitung des Brexit vor. Zusätzlich werden Beispiele aus der betrieblichen Praxis präsentiert, anhand derer anschließend offen diskutiert wird, wie sich betroffene Unternehmen für den Brexit wappnen können.

Wir laden Sie herzlich ein zu unserem Praxisforum Brexit am 17. September 2018 von 10.00 bis 13.30 Uhr im Haus der Wirtschaft. Eine Anmeldung ist hier möglich.

Ihr Ansprechpartner

Klaus Jeske, UVB, Unternehmensverbände, Berlin, Brandenburg
Volkswirtschaft, Statistik und Förderpolitik
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